Warum wir unsere Babys füttern? Eine Interpretation – von Barbara M.

Anfang Februar 2002

Als Mutter eines zehn Monate alten Babys und eines fast Dreijährigen höre ich immer häufiger im Alltag das Wort „füttern“. Dieses Wort birgt für mich stark behaftete Eindrücke, läßt mir zumal einen Schauer über den Rücken gehen. Warum? An was denken wir zuerst bei diesem Wort? Eine Bäuerin füttert ihre Kühe, einen Geldautomaten füttern wir mit Münzen. Aber Kinder füttern? Warum dieses Wort, wenn es um die Ernährungsweise unserer Kinder geht? Füttern hat für mich etwas Unsauberes, Mechanisches, Unpersönliches inne. Wenn ich aber mit meinen Kindern am Tisch sitze, wir zusammen essen, ist das jedoch von alledem das Gegenteil. Wir genießen unsere Mahlzeiten, lachen, faxen, reden, schweigen und essen. Gefüttert werden heißt auch, daß jemandem ohne sein Zutun Essen verabreicht wird, vielleicht sogar ohne das Einverständnis der betroffenen Person?

Geht man einen Schritt weiter und sieht sich die Etymologie des Wortes „füttern“ an, wird es noch unappetitlicher und weniger treffend für mein Baby und dessen Eßgewohnheiten: Ja, ich mache mein Baby satt, soweit satt, daß es noch einen Schluck Muttermilch braucht, um zufrieden vom Tisch zu gehen. Aber ich mäste mein Kind nicht, ich ziehe es nicht auf. (Ich lebe mit meinen Kinder, was für mich niemals Kinderaufzucht ist. Noch eines dieser Unwörter!)
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Morphologie: fütt|er|n
Grammatikangaben:
Wortart: Verb
Partizip II mit haben
lautet nicht ab
transitiv
Relationen zu anderen Wörtern:
Synonyme: abfüttern, atzen, ernähren, halten, mästen, pappeln, päppeln, sättigen
ist Synonym von: abfüttern, atzen, aufkommen, aufziehen, aufzüchten, auslegen, durchfüttern, ernähren, hochbringen, päppeln, sättigen
Synonym von: atzen
Grundform: füttern
Antonym von: Nichtfüttern
-ung-Form von: Fütterung, fütterung
Synonym von: polstern
Form(en): gefüttert, füttern, füttert, fütterte, fütterten, gefütterten, gefütterte, füttere, gefütterter, gefüttertes, fütternden, zufüttern, fütternd, fütternde, fütterst, fütter, fütternder, fütterest, fütteret, füttertest, füttertet
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Ist es uns wichtig, unsere Kinder selbstbestimmt und frei im Geiste aufwachsen zu lassen, soll sich das auch in unserer Sprache widerspiegeln. Sprache ist realitätsbildend, unsere innere Welt konditioniert unsere äußere Welt und umgekehrt. Verwenden wir falsche, unangebrachte Wörter, finden sich bald im Kopf, bald im Leben diese falschen Bilder und deren Beigeschmack wieder, die mit dem jeweiligen Wort zusammenhängen. Die Konnotation eines Wortes formt unser Denken, unser Denken formt unser Handeln.

Füttern wir unsere Babys, tun wir das im Denken und im Handeln.

Ich bin nicht gewillt, ein Stück Leben meines Kindes auf das Niveau eines Futtertieres zu reduzieren, weder sprachlich noch in meinem Tun. Meine Kinder essen, so wie ich esse, wie Menschen eben essen.


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