Hausarrest, Fernsehverbot, Handyverbot, stille Treppe – welche Strafe Kinder derzeit so bekommen können, ließe sich beliebig erweitern. Noch vor gar nicht allzu langer Zeit waren auch körperliche Strafen gang und gäbe. Doch sind Strafen überhaupt notwendig? Sind sie sinnvoll? Und wie kann ich mein Kind dazu bringen, sich an die Regeln des Miteinanders zu halten, wenn nicht durch Strafen?
Was ist eine Strafe?
Die Wikipedia definiert eine Strafe als eine Sanktion gegenüber unangemessenem Verhalten. Was unangemessen ist, bestimmen dabei Erzieher, Staat oder Vorgesetzte. Im allgemeinen lässt sich feststellen, dass eine Strafe Verhalten lediglich eine Zeit lang unterdrückt, nicht jedoch die notwendige Verhaltensänderung bewirkt. Dazu kommt, dass Strafen in vielen Fällen dazu führen, dass das Kind sich dagegen auflehnt.
Bekommt zum Beispiel ein Kind Fernsehverbot, weil es den Eltern gegenüber „frech“ war (was auch immer das bedeutet), so wird diese Bestrafung vielleicht eine kurze Zeit dafür sorgen, dass das Kind nicht mehr frech ist, es wird aber nicht daraus lernen, auf Dauer nicht mehr frech zu sein. Das unangemessene Verhalten „frech sein“ wird dabei von den Eltern definiert.
Warum Strafen schlecht sind
Der wohl größte Makel einer Strafe ist der fehlende thematische Zusammenhang zwischen unangemessener Handlung und verhängter Bestrafung. Wie hängen „Frechsein“ und „Fernsehschauen“ zusammen?
Strafen sind vor allem dann das Mittel der Wahl, wenn es in einem Erziehungsansatz um Gehorsam und Unterordnung geht. Diese Unterordnung rechtfertigt in den Augen der Erziehenden die Bestrafung. Außerdem gelingt es regelmäßig nur mit Strafen, wenn der Erzieher eine größere Gruppe wie eine Schulklasse oder eine Kindergruppe zu betreuen hat, selbst wenn der Erzieher persönlich andere Vorstellungen hat.
Strafen führen meist nicht dazu, dass vermehrt erwünschtes Verhalten gezeigt wird. Im Gegenteil, Bestrafungen führen häufig sogar zu vermehrt unerwünschtem Verhalten. Wie sich eine Strafe beim Kind oder Jugendlichen auswirkt, unterliegt nicht der Kontrolle des Bestrafenden.
Auch der Erziehende spürt die negativen Auswirkungen der Bestrafung. Dabei geht es nicht nur um die Verschlechterung der Beziehung zwischen Erziehendem und Kind, sondern auch darum, dass jede Strafe „schmerzhafter“ und „wirksamer“ und damit „schlimmer“ sein muss, als die vorhergehende, da diese ja nicht zum gewünschten Erfolg geführt hat. So entsteht schnell eine Spirale schlimmerer und noch schlimmerer Bestrafungen.
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Kritik der Strafe
Folgende Punkte führt die Wikipedia als Hauptkritikpunkte an Bestrafungen auf:
- Für das vernachlässigte Kind ist Strafe gar eine Zuwendung, die das monierte Verhalten verstärkt. So verkehrt sich die Intention der Strafe ins Gegenteil.
- Strafe wirkt vor allem, wenn der Strafende in der Nähe ist. Ist er nicht anwesend, wird die Strafe vom Kind oder Jugendlichen nicht ernst genommen.
- Strafe ist tendenziell menschenfeindlich – verbunden mit einem grundsätzlich inhumanen Menschenbild. Exzessives Strafen behindert zudem eine angemessene Entwicklung des Kindes und ist entwicklungspsychologisch/pädagogisch kontraproduktiv.
Strafen sollten immer nur das allerletzte Mittel und der allerletzte Ausweg sein. Zuvor sollten sämtliche anderen Möglichkeiten der Beeinflussung des unerwünschten Verhaltens versucht werden.
Positive Verstärkung statt Strafe
Aus der Lernpsychologie kennen wir negative und positive Verstärkung. Negative Verstärkung entspricht hierbei einer Bestrafung unerwünschten Verhaltens, während positive Verstärkung erwünschtes Verhalten verstärkt. Auf diese Weise scheint es möglich, dass sich ein Alternativverhalten herausbildet, das für den Erzieher akzeptabel ist.
Vor allem im Tiertraining wird positive Verstärkung angewandt. Erwünschtes Verhalten wird durch Leckerli gefördert, bis es auch ohne diese positive Verstärkung gezeigt wird. Ob die positive Verstärkung auch eine Berechtigung in der Erziehung unserer Kinder hat, muss wohl in Einzelfällen entschieden werden. In jedem Fall ist sie erfolgversprechender als eine Bestrafung jeglicher Art.
Konsequenzen, die bessere Strafe
Im Gegensatz zu einer willkürlich ausgewählten Strafe ist eine Konsequenz immer eine oft zwingende, zumindest aber mögliche Folge einer Handlung.
In der Erziehung eines Kindes sollte die Konsequenz als angemessene, spürbare Folge für das Verhalten eines Kindes eingesetzt werden. Die Konsequenz und das Verhalten stehen dabei in einem offensichtlichen, thematischen Zusammenhang. Vor allem für das Kind ist dieser Zusammenhang klar oder kann ihm verständlich und nachvollziehbar dargelegt werden. Auch wenn es vielleicht so klingen mag: Strafen sind aus diesem Grund nicht einfach nur negative Konsequenzen.
Durch den Einsatz sinnvoller, erzieherischer Konsequenzen wird die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes gefördert. Er führt auch dazu, dass sich Streitigkeiten und Konflikte in Grenzen halten. Konsequenzen führen weniger zu Widerstand beim Kind, da es den Zusammenhang erkennt.
Strafe vs. Konsequenz
Die meisten Erziehungskonzepte sind inzwischen größtenteils von Bestrafungen abgerückt und arbeiten eher mit Konsequenzen. Was der Vorteil davon ist, habe ich dir bereits gezeigt. Eine Strafe wäre beispielsweise wie oben genannt ein Fernsehverbot, wenn das Kind frech war. Eine (logische) Konsequenz wäre dagegen, dass die Eltern nicht mit dem Kind spielen, weil es sehr lange Fernsehen geschaut hat. Es bleibt nicht für beides Zeit und das Kind hat sich fürs Fernsehen entschieden, also fällt das gemeinsame Spiel als logische Konsequenz aus. (Diese Konsequenz solltest du als Elter aber bitte schon im Voraus deutlich darlegen: „Wenn du so lange Fernseh schaust, haben wir nachher gar keine Zeit mehr zum Spielen.“)
Dabei geht es nicht darum, dass die Konsequenz eine bestimmte Härte aufweist. Viel wichtiger ist, dass die Konsequenz zuverlässig erfolgt und auch zuverlässig durchgesetzt wird. Auch der Umkehrschluss der angekündigten Konsequenz muss natürlich für das Kind zuverlässig stattfinden: Wenn es den Fernseher früher ausschaltet, sollten die Eltern in diesem Fall auch wie angekündigt mit ihm spielen.
Strafe und Konsequenz im Attachment Parenting
Da es bei AP um Kommunikation auf Augenhöhe geht und um die Befriedigung aller Bedürfnisse der Familienmitglieder, haben Strafen hier nichts zu suchen. Überleg am besten immer, ob du so wie mit deinem Kind auch mit deinem Partner umgehen würdest. Würdest du ihm Fernsehverbot erteilen, wenn er später als angekündigt nach Hause kommt? Kinder bekommen in solchen Fällen häufig Fernsehverbot. (Übrigens auch für schlechte Noten.)
Was wäre die logischere Konsequenz für verspätetes Nachhausekommen? Wegen des Zuspätkommens bleibt keine Zeit mehr, etwas Schönes gemeinsam zu machen. Oder kann das Kind beim nächsten Mal nicht mehr so lange wegbleiben (oder auch mal eine Weile gar nicht weggehen, wenn das Zuspätkommen sehr häufig vorkommt)? Oder ist die logische Konsequenz auch „nur“, dass du dein Kind bittest, dir in solchen Fällen auf jeden Fall Bescheid zu geben, damit du dir keine Sorgen machst.
Ganz wichtig ist aber auch, immer (wirklich immer!) zu schauen, was das Bedürfnis hinter dem von dir als Elter unerwünschten Verhalten ist. Was braucht dein Kind? Welches Bedürfnis möchte es mit diesem Verhalten befriedigen? Braucht es mehr Zuwendung? Klammerst du zu sehr und es braucht mehr Freiheit? Möchte es mehr selbst entscheiden? (Das ist natürlich auch immer alles vom Alter des Kindes abhängig.) Schau dir die Welt mit den Augen deines Kindes an und findet gemeinsam eine Lösung, die deine und seine Bedürfnisse befriedigt.
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