Oft denkt man, Attachment Parenting, das ist nur was für Babys und kleine Kinder. Das stimmt so nicht. In dieser Anfangszeit wird der Grundstein gelegt, doch auch darüber hinaus funktioniert AP.
Hätten wir uns als Teenager nicht auch eine verlässliche, enge Beziehung zu unserer Mutter gewünscht? Wenn ein Kind vom Baby zum Kleinkind und dann zum Teenager heranwächst, erlauben wir ihm langsam aber sicher größere Unabhängigkeit. Leider wird unsere Mutterrolle oftmals als „Alles oder Nichts“ betrachtet: Wir begleiten ein Kind beim Erwachsenwerden und dann, plötzlich, eines Tages, müssen wir es loslassen. Wir müssen uns einen neuen Blick auf unsere Mutterrolle angewöhnen: eine Verbindung zwischen Mutter und Kind, die für das gesamte Leben stark und stabil bleibt. Bis unsere Kinder in ihren frühen Zwanzigern sind, liegt es bei uns, diese Vision aufrecht zu erhalten. Während sie Teenager sind, können sich unsere Kinder mangels emotionaler Reife und Klarheit dieses lebenslange Band nicht einmal vorstellen oder ihre tatsächlichen Bindungsbedürfnisse zum Ausdruck bringen.
Was die Bindungstheorie sagt
Aus bindungstheoretischer Sicht bildet das Kind während der ersten Jahre seines Lebens eine starke emotionale Beziehung zu seinen Betreuern aus und diese Verbindung hat lebenslange Auswirkungen. Einfühlsame und „emotional verfügbare“ Erziehung hilft dem Kind, eine sichere Bindung aufzubauen, die seine sozioemotionale Entwicklung und sein Wohlbefinden fördert.
Die acht Prinzipien des Attachment Parenting
Attachment Parenting basiert laut Attachment Parenting International (API’s) auf acht Prinzipien, die vor allem auf die Betreuung von Babys ausgerichtet sind. Diese Strategien passen sich natürlich über die Jahre hinweg an die Entwicklung des Kindes an, die Grundprinzipien jedoch bleiben die gleichen. Schaut man die Liste der Prinzipien an, wird klar, dass wir aufgefordert sind, uns an das instinktive Verhalten unserer Vorfahren zu erinnern. Man darf nicht vergessen, dass der Bindungsinstinkt unserer Babys – ebenso wie der unserer Teenager – das biologische Band zu uns ist. Bindung ist ein biologisches System, das sich durch die Evolution geformt hat, nicht nur um unser Kind zu schützen, sondern auch um unsere Verbindung zum Kind zu schützen.
Uns als Menschen zeichnet die einzigartige Eigenschaft aus, diese Bindungs- und Erziehungsinvestitionen bis in die Teenagerjahre fortzusetzen. Hirnforscher und Sozialanthropologen machen diese Strategie inzwischen dafür verantwortlich, dass wir so lange überlebt haben und als Spezies erfolgreich wurden. Außerdem ist das menschliche Hirn erst mit Mitte Zwanzig voll entwickelt!
Back to the roots! Hör auf deinen Bauch!
Attachment Parenting ist heutzutage vielleicht deshalb so beliebt, weil wir den Kontakt zu einigen unserer grundlegenden Instinkte verloren haben, Instinkte, die für unsere Vorfahren natürlich waren. Wir müssen uns diese Instinkte wieder zurückerobern und vielleicht neu lernen. Die acht Prinzipien des AP zeigen, dass AP keine radikale Erziehung ist. AP ist eher eine natürliche Erziehung. Obwohl die Liste eher auf die Bedürfnisse von Babys und Kleinkindern ausgerichtet ist, ist jedes der Prinzipien eine wichtige Erinnerung für uns, wenn wir unsere erwachsen-werdenden Teenager begleiten.
AP funktioniert auch für Teenager
Wie schaffen wir es, in den Teenager-Jahren unserer Kinder ebenso ihre realen emotionalen Bedürfnisse zu erfüllen wie in ihrer Babyzeit? Die einfühlsamen Strategien, die uns Dr. Sears mit AP an die Hand gibt, helfen uns dabei. Das heißt nicht, dass wir unsere Teenager in Tragetüchern herumtragen sollen! Es bedeutet, dass wir die starke Bindung, die unsere Kinder an uns haben, sichern und nähren sollen. API schreibt „Attachment Parenting fordert uns heraus, unsere Kinder mit Güte, Respekt und Würde zu behandeln und unsere Interaktion mit ihnen als Rollenmodell anzusehen dafür, wie wir uns wünschen, dass sie mit anderen umgehen.“ Genau das ist es, was wir als Eltern von Teenagern tun sollten.
Diese grundlegenden Prinzipien ändern sich nicht, während unsere Kinder heranwachsen. Und statt sich zu fragen, wie unsere Kinder unabhängig und frei werden, ist es wichtiger sich zu fragen, wie man das starke Band der Bindung aufrecht erhalten kann, während die Kinder (und die Eltern) heranwachsen und sich weiterentwickeln. Die „Aufgabe“ der Teenagerzeit ist es nicht, die Nähe loszuwerden, sondern sie zu verändern.
Eine völlig neue Beziehung entwickelt sich
Auf der anderen Seite der Jugend steht eine veränderte Liebe zwischen Mutter/Vater und Kind und diese Liebe kann ebenso tief und befriedigend sein, wie sie auch zuvor war, vielleicht sogar noch stärker. Ich sehe das selber langsam mit meiner ältesten Tochter. Ich trauere nicht der Zeit nach, in der sie ein süßes Baby war oder eine aufgeregte Schulanfängerin oder eine aufmüpfige Neunjährige oder all den Versionen ihrer selbst, die sie dazwischen war. Ich sehe, dass wir jetzt eine ebenso enge Beziehung haben, ich und diese (fast) erwachsene, mitfühlende und immer selbst-sicherer werdende junge Frau, die immer noch meine Tochter ist. Wir genießen es beide, diese neue „erwachsene“ Beziehung zu haben, mit all dem Reichtum und der Veränderung, die sie mit sich gebracht hat.
Dir gefällt dieser Beitrag? Dann kannst du ganz unkompliziert über Paypal einen Kaffee spendieren. Dazu musst du nur auf diesen Link zu Paypal klicken und kannst mir auf einfachste Weise Geld für einen Kaffee schicken.
Schreibe einen Kommentar