29.12.2002, kurz nach einem Wut-Ausbruch den Kindern gegenüber
Es ist nicht immer Gold was glänzt. So einfach der Satz, so tief ist auch seine Bedeutung.
Zusammen mit Bianka versuche ich nun seit der Geburt unserer Tochter das Konzept des Attachment Parenting in seiner Gänze und in aller Konsequenz umzusetzen.
So sehr ich mir aber auch Mühe gebe, hin und wieder geht mein Temperament mit mir durch und ich werfe alle Regeln, die wir uns gesetzt haben – quasi im Kurzschluss – über Bord und reagiere auf eines der Kinder extrem impulsiv und zuweilen auch aggressiv. Es ist nicht einfach, sich selbst so etwas einzugestehen, geschweige denn anderen.
Sich darauf zu berufen, dass es uns Männern einfach schwerer fällt, die Beherrschung zu behalten, ist der falsche Ansatz. Vielmehr ist es ein Kampf mit dem inneren Schweinehund, in uns allen. Das im Berufsleben erlernte Verhalten, beim geringsten Auftreten von Widerstand oder „Nicht-Funktionieren“ mittels Einsatz der Stimme oder anderer Machtbeweise alles wieder ins Lot zu rücken, funktioniert in der Familie nicht – auch wenn wir das oftmals gerne hätten. Wir, bzw. ich vergesse dabei, dass die Familie keine hierarchische, sondern eine gemeinschaftliche Struktur ist. Das heißt also, dass die in der einen Struktur verwandten Mechanismen oder Mittel in der anderen vermutlich keine oder vielleicht genau die entgegengesetzte Wirkung erzielen.
Kinder, gerade im Kleinkindalter, kennen keine Strukturen, sie sind Ich-bezogen. Daher werden sie auch nie verstehen, welche Bedeutung das Schreien hat, wenn sie etwas falsch gemacht haben. Viel eher werden sie verstehen, was sie falsch gemacht haben, wenn man ihnen vor Augen führt, was das für sie für Folgen hat. Je normaler wir das tun, desto eher werden die Kinder auch verstehen, was wir ihnen sagen wollen. Denn das Schreien ist im Moment des Erlebens ein Angriff auf ihre Person, auf die sie mit Abwehrhaltung und Trotz reagieren.
Deshalb ist es unerlässlich, weiter an sich zu arbeiten, um derartige „Ausbrüche“ wenn nicht auszuschließen, dann doch zumindest auf ein absolutes Minimum in den Griff zu bekommen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das keine leichte Aufgabe ist, gerade, wenn man selbst es nicht anders gelernt hat – womit ich nicht sagen möchte, dass ich die Erziehung meiner Eltern als schlecht empfinde.
Die Bauernweisheit: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr.“ trifft den Nagel auf den Kopf. Was wir in unserer Jugend nicht schon erlernt haben, wird uns im „Alter“ schwer zu schaffen machen. In diesem Sinne wünsche ich allen, denen es ähnlich geht wie mir, viel Erfolg und viel Spaß beim Beobachten der Erfolge.
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